Migrantischer Widerstand in den 1990ern
Ausstellungseröffnung mit Gürsel Yildirim
„Lasst uns nicht die Petersilie in jeder Scheiße sein!“
Wir hatten im Rahmen des diesjährigen politischen Eiscafés am 14.05. Gürsel Yildirim zu Gast, der mit uns seine Ausstellung zu migrantischem Widerstand in den 90er Jahren eröffnete.
Mit vielen Anekdoten und lebhaften Erinnerungen brachte uns Gürsel ein Stück der wenig beachteten Vergangenheit migrantischer Selbstverteidigung in den 1990ern näher. Wird heute über die Situation der Arbeitsmigrant*innen in den beiden deutschen Staaten ab den 1950ern oder über die ab den 1980ern aus Kriegsgebieten geflohenen Menschen gesprochen, geht häufig eine wichtige Perspektive unter: wie sich diese Menschen gegen die rassistische Pogromstimmung und rechte Straßengewalt zusammen schlossen und aktiv zur Wehr setzten. Themen waren daher neben antirassistischem Protest im Stadion, Solidarität mit Geflüchteten wie die Kampagne gegen die Abschaffung des Asylgesetz, die Reaktionen auf die Brandanschläge in Mölln, Solingen und Lübeck von Überlebenden und Angehörigen vor allem, wie sich der migrantische Widerstand organisierte. Gürsel ließ uns an seinem großen Fundus an migrantischen Zeitschriften aus den 1990ern teilhaben (die klar machen, dass Social Media als Kommunikationsmittel heute kaum mehr wegzudenken ist!) und zeigte uns Fotos von Versammlungen im Hamburger Volkshaus. Zusammen mit den Ausstellungsplakaten gelang es Gürsel damit, uns lebhafte Einblicke in die Erfolge, und auch Herausforderungen dieser Arbeit zu geben. Der subjektorientierte Antirassismus, den Gürsel und andere in ihrer Arbeit verfolgten, waren besonders für unsere gegenwärtige Situation eine bereichernde Perspektive und Mahnung. Subjektorientierter Antirassismus bedeutet, von den konkreten Belangen bspw. von Geflüchteten auszugehen und darin Brücken zu allgemeinen Anliegen zu schlagen, immer aber mit dem Anspruch, die konkreten Anliegen nicht instrumentell zu vereinnahmen. Darüber sind wir außerdem ins Gespräch gekommen, über die verlorenen Fäden einer wehrhaften Selbstorganisierung, die sich nicht mit Appellen an die Politik begnügt, die spielerische und kreative Nutzung von Identitäten im Kampf für eine gerechte Welt und gegen die Herrschaftsverhältnisse und den Sinn und Unsinn sowie den Umgang mit innerlinken Spaltungslinien in einer widerständigen Praxis.
Wir danken dir, Gürsel, für die vielen spannenden Einblicke, die mutmachenden Gespräche und die Zusammenarbeit, die Lust auf Mehr gemacht haben – Auf bald!
Die 12 Wandbilder der Ausstellung "Migrantischer Widerstand in den 1990ern" können gern für eigene Veranstaltungen ausgeliehen werden.
Schreibt dazu einfach eine Mail an ag-veranstaltung@freiraumjenaev.de